Es mutet ein wenig paradox an, dass die Europäische Union ausgerechnet die Hersteller von Photovoltaikanlagen von der Pflicht zum Recycling ausgenommen hat – zumindest bisher!
Denn ansonsten ist jeder Hersteller elektrischer Geräte dazu verpflichtet, seine Altgeräte zurückzunehmen und fachgerecht zur recyceln. Auf diese Weise wird die Müllmenge drastisch verringert, außerdem werden so wertvolle Rohstoffe zur Wiederverwendung zurückgewonnen.
Aktuelle Situation
Ausgerechnet die Photovoltaik Branche – geradezu der Inbegriff für den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft – soll davon ausgenommen sein? Was auf den ersten Blick Stoff für einen weiteren Witz über die EU-Bürokratie zu liefern scheint, ergibt jedoch durchaus Sinn, und das sogar in mehrfacher Hinsicht: Zunächst erreicht die erste Generation der Solarzellen erst in etwa drei Jahren das Ende ihres Lebenszyklus, Müll ist folglich bis heute nicht in nennenswertem Umfang angefallen. Hinzu kommt, dass die Europäische Union mit einem gewissen Recht davon ausgehen durfte, dass die um ihr Öko-Image besorgte Solarbranche sich von selbst des Themas Photovoltaik-Recycling annehmen würde.
Das Thema einfach zu verschlafen wäre sicher nicht klug für diese Branche. Denn die Folgen könnten sich als äußerst unerfreulich für die Hersteller von Solaranlagen erweisen, indem die EU sich nun gezwungen sieht, die WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) auch auf die Solarbranche auszudehnen.
PV Cycle
Schon lange haben sich die Solarunternehmen in dem Photovoltaik-Recycling Verband PV Cycle zusammengeschlossen. Nennenswerte Aktivitäten hat dieser Verband bislang nicht entfaltet. Genau genommen wurde bislang keine der wichtigen Fragen geklärt, die sich im Zusammenhang mit dem Photovoltaik-Recycling stellen. Weder konnten sich die Unternehmen auf eine Finanzierung einigen, noch über eine grundsätzliche Vorgehensweise beim Recycling. Was soll überhaupt mit dem Schrott geschehen?
Nun aber entdeckt die Branche ihr ungeliebtes Kind PV Cycle auf Druck der EU wieder. Allerdings hat sich mit Solarworld ausgerechnet das einzige Unternehmen aus diesem Zusammenschluss verabschiedet, dass zumindest bereits erste Schritte in Sachen Photovoltaik-Recycling unternommen hat. Nahe Bitterfeld plant Solarworld gemeinsam mit mehreren Partnern den Aufbau einer Photovoltaik-Recycling Anlage. So gesehen erfolgte der Rückzug aus PV Cycle zum richtigen Zeitpunkt. Solarworld kann sich nun als externer Recycling Dienstleister anbieten.
Wer soll das bezahlen?
Auf die Branche kommen erhebliche Kosten zu, und das zu einem wirklich unpassenden Zeitpunkt. Denn durch die Konkurrenz aus China sind die Photovoltaik Preise in 2011 um rund ein Drittel gesunken. Allzu große Hoffnungen, die Kosten für das Photovoltaik-Recycling an die Kunden weitergeben zu können, dürfen sich die Hersteller daher nicht machen. Zu allem Überfluss hat die jahrelange Passivität der Branche die zu erwartenden Kosten empfindlich in die Höhe getrieben. Statt einer einheitlichen Lösung werden nun alle 27 EU-Staaten die WEEE-Richtlinie selbst umsetzen müssen. Jedes europaweit tätige Unternehmen wird sich daher mit 27 unterschiedlichen Regelwerken auseinandersetzen müssen – zumindest das hätte man sich ersparen können.
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